Die nachfolgenden Lebensbilder hat Dr. Detlev Fischer als langjähriger Leiter von Referendar-Arbeitsgemeinschaften beim Landgericht Karlsruhe entworfen, um renommierte Karlsruher Juristen vor der Vergessenheit zu bewahren und den Referendaren die „Vorzeit der Residenz des Rechts“ näher zu bringen. Darüber hinaus sind diese Kurzbiografien auch für rechtsgeschichtlich und stadthistorisch interessierte Leser von Bedeutung.
In wesentlich erweiterter Form haben viele der nachfolgenden Kurzportraits Eingang in die Schrift Karlsruher Juristenportraits aus der Vorzeit der Residenz des Rechts gefunden, die als Heft 9 der Schriftenreihe des Rechtshistorischen Museums 2004 erschienen ist.
Die Reihe Karlsruher Rechtshistorische Blätter wird auch nach dem Ausscheiden von Dr. Fischer aus dem Landesjustizdienst fortgesetzt und auf die Zeit des Aufbaus der Bundesgerichtsbarkeit in Karlsruhe erstreckt werden.
Der in Konstanz geborene Julius Federer hat in München, Freiburg und Heidelberg Rechtswissenschaften studiert und im Oktober 1932 in Karlsruhe das Referendarexamen abgelegt. Sein sich zwischen Freiburg und Karlsruhe zugetragenes Juristenleben vermittelt geradezu exemplarisch den Übergang von der Bedeutung Karlsruhes als Landeshauptstadt zur Residenz des Rechts.
Vater der badischen Justizreform
Anton von Stabel hat das im badischen Justizdienst höchste zu vergebende Richteramt als Oberhofrichter am Oberhofgericht in Mannheim mehr als neun Jahre versehen. Das badische Justizministerium in Karlsruhe hat er in zwei verschiedenen Amtsperioden erfolgreich geleitet. Mit der unter seiner Führung ausgearbeiteten badischen Justizreform von 1864 wurde die badische Gerichtsverfassung modernisiert und entsprach damit den wesentlichen justizpolitischen Forderungen der damaligen Zeit.
Ludwig Marum war fast 25 Jahre als Rechtsanwalt in Karlsruhe tätig. Als badischer Justizminister hat er die Ausarbeitung der republikanischen Landesverfassung von 1919 aktiv mitbegleitet. Über zehn Jahre gehörte er als Staatsrat der badischen Landesregierung an. Als Rechtsanwalt mit den Bedürfnissen der rechtssuchenden Bevölkerung wohl vertraut, setzte er sich mit großer Entschiedenheit für den Ausbau des demokratischen Rechtstaats ein. 1934 wurde er von den Nazis im KZ Kislau ermordet.
Senatspräsident am Oberlandesgericht Dr. Otto Levis wurde am 7. April 1872 in Karlsruhe als Sohn jüdischer Eltern geboren. Sein Vater war Inhaber eines Karlsruher Ledergeschäfts. Kindheit und Jugend verbrachte Levis in der badischen Landeshauptstadt. Nach glänzend bestandenem Abitur nahm er das Studium an der nahegelegenen Universität Heidelberg auf. Neben Rechtswissenschaften belegte Levis zugleich auch Mathematik. Diese ungewöhnliche, zugleich aber auch, was Logik und innere Geschlossenheit angeht, sich gegenseitig ergänzende Fächerkombination behielt er in den zwei ersten Studienjahren bei.
Von 1884 bis zu seinem Tode im Jahre 1929 wirkte Ernst Fuchs als Rechtsanwalt in Karlsruhe. Durch seine schriftstellerische Tätigkeit – insbesondere als sog. Freirechtler – wurde er in ganz Deutschland bekannt. Jedenfalls in seinen letzten Lebensjahren hat der engagierte Jurist allseitige Anerkennung erfahren. Nach der Einschätzung des Freiburger Rechtshistorikers Erik Wolf (1902-1977) kann Ernst Fuchs als stärkste geistige Kraft unter den freirechtlich eingestellten Juristen angesehen werden. Er gehört damit sicherlich zum Kreis der führenden Juristen aus der Vorzeit der heutigen Residenz des Rechts. Das Hausanwesen Moltkestraße 17, auf dem sich eine repräsentative Villa des ehemaligen Hardtwaldstadtviertels befindet, stand im Eigentum von Ernst Fuchs. In diesem Haus, in dem heute eine Außenstelle des Landratsamtes Karlsruhe untergebracht ist, befand sich sowohl die Wohnung als auch die Anwaltskanzlei von Ernst Fuchs.
Der frühere Landgerichtsrat und langjährige Karlsruher Rechtsanwalt Dr. Eduard Dietz hatte entscheidenden Anteil an der Ausarbeitung und Verabschiedung der badischen Verfassung von 1919. Er gilt damit als eigentlicher Schöpfer der Zweiten badischen Verfassung.
Eduard Dietz wurde am 1. November 1866 in Karlsruhe geboren. Seine Pflegeeltern, die in einfachen Verhältnissen lebten, ermöglichten dem hochbegabten Sohn den Besuch des humanistischen Gymnasiums in Karlsruhe, an dem er 1885 das Abitur ablegte. Anschließend studierte er in Heidelberg Rechtswissenschaften und wurde dort 1889 promoviert.
Senatspräsident beim Reichsgericht Dr. Adrian Bingner gehörte zur Erstbesetzung des Reichsgerichts und erhielt 1879 die dem Land Baden vorbehaltene Vorsitzendenstelle beim Reichsgericht in Leipzig übertragen. Bis zu seinem Tode im Jahre 1902 übte er das Amt des Vorsitzenden des II. Zivilsenats aus und nahm entscheidenden Anteil an der Auslegung und Fortentwicklung des Rheinisch-Französischen Rechts, zu dem auch das Badische Landrecht gehörte.